Change- und Anforderungsmanagement quick-and-dirty?

„Kann man Change- und Anforderungsmanagement schnell und unkompliziert in ein Unternehmen einführen?“

Diese Frage hören wir immer wieder. Vor allem nach Seminaren, wenn die Teilnehmer versuchen, das Gelernte in die Praxis umzusetzen.

Wie sagt Radio Eriwan dazu: kommt darauf an!

 

Hat das Unternehmen schon ein Formularwesen für Anträge, z.B. aus dem HR Prozess für einen neuen Mitarbeiter oder aus dem Einkaufsprozess für die Bestellung von Material, ist es „einfach“ zu lösen.

Die Formulare sind heute in der Regel online verfügbar. Ob sie dann elektronisch weitergeleitet oder als Papierausdruck verwendet werden, ist zunächst einmal egal. Die Mitarbeiter kennen den Umgang mit Formularen. Von daher ist der nächste Schritt einfach: Die Umwandlung der Online-Formulare in dynamische Online-Formulare, die in einem Webportal zur Verfügung stehen. Diese können dann automatisch in einem Ticketsystem erfasst, weitergeleitet und bearbeitet werden.

Im Grunde ändert sich für die Mitarbeiter nichts. Es muss weiterhin ein Formular ausgefüllt werden (jetzt halt online). Eine Verbesserung kann die Informationen über den Status via Mail sein.

 

Ein ganz wesentlicher Punkt ist die Genehmigung von Änderungen oder Anforderungen. Hier kommt es darauf an, welche organisatorischen Regelungen es im Unternehmen dazu gibt. Beim Anforderungsmanagement liegen normalerweise Kostenstellen hinter einzelnen Positionen und die Freigabe erfolgt durch den Kostenstellenverantwortlichen.

Um die Prozesse „einfach“ und „schnell“ einzuführen, bietet es sich an, dass genehmigungspflichtige Anforderungen nur vom Kostenstellenverantwortlichen gestellt werden dürfen. (Ansonsten muss in den Prozess noch eine Freigabeprozedur eingebaut werden.) Das (dynamische) Anforderungsformular kann mit Workflows und Aufgaben hinterlegt werden, die z.T. parallel laufen können. Die Abwicklung kann strukturierter, schneller und transparenter laufen.

Nehmen wir z.B. den Fall, ein neuer Mitarbeiter kommt. Das dynamische Formular enthält Angaben zum Einstellungszeitpunkt, dem Einsatzort und dem Tätigkeitsfeld des Mitarbeiters. Daraus ergeben sich verschiedene Aufgaben: Bereitstellen eines physischen Arbeitsplatzes (Meldung an Facility Management), Beschaffen eines PCs (Meldung an Einkauf), Einrichten eines PCs (Meldung an IT), Anlegen eines Benutzerkontos (AD Anlage), Vergabe von Rechten...

Durch das Definieren von Aufgaben und die automatische Zuordnung z.B. durch ein Service Managementtool, wird der Prozess formalisiert, die Bearbeitung der Aufgaben kann parallel laufen und der Antragsteller kann über das Tool den jeweiligen Status verfolgen.

 

Der Change Prozess kann ähnlich angegangen werden. Allerdings sollte Wert gelegt werden auf das Vorhandensein von unterschiedlichen Changemodellen für Standard, kleine, mittlere und große Changes mit den entsprechenden Genehmigungsstufen. Ob dies in einem Unternehmen funktioniert, hängt stark von der Reife des Unternehmens in Bezug auf Unternehmensorganisation und Unternehmenskultur ab.

 

Anders sieht es aus, wenn das Unternehmen bisher keinen formalisierten Prozess hat. Dann setzt die Einführung des Change- und Anforderungsmanagements einige organisatorische Änderungen voraus.

Zunächst einmal müssen Formulare für bestimmte Anforderungen entwickelt werden. Parallel dazu muss organisatorisch geklärt werden, wer welche Anforderungen genehmigen darf, z.B. auf Grund der Kosten (Kostenstellenverantwortlicher). Der Prozess muss organisatorisch eingeführt werden. Er muss in die Köpfe der Mitarbeiter. Ohne dass die Mitarbeiter den Prozess akzeptieren und verinnerlicht haben. Das Unternehmen muss organisatorisch und kulturell fit gemacht werden. Die Einführung von Tools steht dabei an 2. oder sogar 3. Stelle. Tools können lediglich unterstützen, beheben aber nicht die Defizite der Organisation.

 

Change- und Anforderungsmanagement quick-and-dirty? Ja, wenn das Unternehmen und die Organisation eine gewisse Reife haben.

 

 

Autor: Dr. Guido Hoffmann

Dezember 2016

 

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