Service Desk – Das Aushängeschild der IT?!

Es gibt viele unterschiedliche Reaktionen von Kunden, wenn wir diese auf ihre Zufriedenheit mit den erbrachten Services der IT Organisation ansprechen. Häufig hören wir eher negative Reaktionen wie: „Da kriege ich doch niemanden ans Telefon?“, „Da werden ständig Tickets geschlossen, obwohl das Problem weiterhin besteht!“ Doch wieso entsteht oft dieser Eindruck, zumal der Anwender ja nur mit dem Service Desk telefoniert hat und nicht mit den unterschiedlichen IT Fachabteilungen?! Und wie kann man dieser Einschätzung zu einer positiven Wendung verhelfen? Kann dabei das IT Service Management Framework ITIL helfen?

 

Zunächst einmal sollte man wissen, dass der SPOC (Single Point Of Contact) für alle IT relevanten Anfragen der Service Desk ist. Dieser dient als Schnittstelle zwischen den Fachbereichen und der gesamten IT und hat die Aufgabe alle Anwenderanfragen entgegenzunehmen, zu kategorisieren, zu analysieren und nach Möglichkeit auch die Anfrage direkt selbst umzusetzen. Ist dies durch den Service Desk Agenten nicht möglich, so muss eine entsprechende Weiterleitung an den nachgelagerten Support (2nd- oder 3rd-Level) erfolgen, sodass die Lösung dort herbeigeführt werden kann. Die Rückmeldung an den Anwender und die Bestätigung, dass die Anfrage zur vollsten Zufriedenheit gelöst wurde, führt dann zum Abschluss des Tickets.

 

Doch die Realität sieht meist so aus, dass viele Anwender eine gefühlte Ewigkeit in der Telefon-Warteschleife verharren und somit erst recht spät und meist schon emotional aufgeladen ihr Anliegen loswerden können. Wenn dann jemand auf der anderen Seite der Leitung auch sein Standard-Programm runterspult und nicht auf den Anwender eingeht (oder eingehen kann), so wundert es Einen nicht, dass viele kein positives Bild der IT haben. Der Gipfel ist häufig dann noch die E-Mail, die kurz nach dem Telefonat beim Anwender eingeht und berichtet, dass die Anfrage nun umgesetzt und das Ticket geschlossen wurde. Meist ist auch dies aber nicht der Fall und die Anfrage oder die Störung des IT Service ist weiterhin offen.

 

Dies ist sehr gefährlich für die Reputation der gesamten IT, denn der Service Desk ist das Aushängeschild jeder IT Organisation. Daher ist es umso wichtiger, einen kunden- und serviceorientieren Service Desk zu etablieren. Denn wie auch im wahren Leben zählt auch hier der erste Eindruck und dieser sollte daher möglichst positiv sein. Nur was ist dabei zu beachten? Und wie kann man relativ schnell die Anwenderzufriedenheit steigern?

 

Für den Anfang können Sie es mit der Konzentration und Verbesserung von zwei wichtigen Kennzahlen versuchen.

 

  • Telefonische Erreichbarkeit
  • Erstlösungsrate

 

Die Verbesserung dieser beiden Kennzahlen führt meist auch zwangsläufig zu einer Verbesserung der:

 

  • Wiederherstellungszeit

 

Doch was ist zu tun, um eine bessere telefonische Erreichbarkeit gewährleisten zu können?

 

Ein wichtiger Faktor ist die Anzahl an Service Desk Agenten, die für den Service Desk und die Telefonannahme eingeplant sind. Dies ist natürlich abhängig von der Anzahl an Anwenderanfragen die pro Tag eingehen. Darüber hinaus ist es sehr wichtig, die Einsatzplanung so zu gestalten, dass die Kernarbeitszeiten des Business und damit die Kundenbedürfnisse in dieser Planung Berücksichtigung finden. Es muss auch sichergestellt werden, dass die Service Desk Agenten nicht zusätzlich auch für den Field-Service zuständig sind und somit für Anwenderanfragen nicht erreichbar sind, da sie gerade einen Rechner austauschen oder einen Drucker vor Ort aufbauen.

 

Viele Unternehmen haben die Wichtigkeit dieser Kennzahl erkannt und den Service Level für die Erreichbarkeit mit der 80:20-Regel definiert. Dies bedeutet das 80 Prozent der Anrufe innerhalb von 20 Sekunden angenommen werden sollten. Natürlich kann dies auch zu einer 90:30-Regel geändert werden. Dies ist abhängig davon, was die Geschäftsanforderungen sind und wie viel der Kunde bereit ist für diesen Service zu zahlen. (vgl. Karsten Tampier).

 

Neben der guten Erreichbarkeit möchte man natürlich auch eine schnelle Bearbeitung und Lösung des eigenen Anliegens haben. Hier geht es nun also um die Erstlösungsrate (auch bekannt als First Fix Rate). Dies ist nur möglich, wenn die richtigen Mitarbeiter mit den richtigen Skills und der richtigen Tool Unterstützung im Service Desk sitzen. Nur was macht den richtigen Mitarbeiter für den Service Desk aus und wie kann eine Toolunterstützung aussehen?

 

Zunächst einmal lautet die goldene Regel: „Jede Anfrage wird zum Ticket!“. Nun geht es um eine qualifizierte Ticketerfassung, wo die wichtigsten Informationen rund um die Anfrage erfragt und im Ticketsystem dokumentiert werden. Der Service Desk Agent, der ein breites, aber nicht zwingend tiefes IT Know-how haben sollte, übernimmt hierbei die Rolle des 1st-Level Supports. Eine weitere und sehr wünschenswerte Kompetenz sind gute kommunikative Fähigkeiten, die ggf. benötigt werden können, um auch mal deeskalierend auf den Anwender einwirken zu können. Grundsätzlich werden diese aber benötigt, um mit dem Anwender während des Telefonats das Anliegen besprechen und ggf. lösen zu können, ohne dabei zahlreiche IT Fachbegriffe und Abkürzungen um die Ohren zu werfen, die den Anwender mehr verwirren als zu helfen. Viele Firmen nutzen hierfür regelmäßig Telefonschulungen oder zeichnen die Telefonate auf, um diese analysieren und später Verbesserungsmöglichkeiten identifizieren zu können.

 

Doch wieso muss der Service Desk Agent kein tiefes Spezialistenwissen haben? Die Antwort ist ganz einfach! Der Service Desk hat die Aufgabe die Masse der Anfragen entgegenzunehmen, die sonst zum 2nd-Level Support geroutet werden müssten, um diesen zu entlasten. Hierbei kann ein breites, aber nicht so tiefes Wissen von Vorteil sein, gegenüber einem tiefen Wissen jedoch dafür in wenigen Bereichen. Durch die Entlastung erhält der 2nd-Level Support den Freiraum, um bei schwerwiegenderen Problemen in die tiefere Analyse einsteigen zu können oder ggf. auch bei Projekten ihre Expertise einbringen zu können. Viele nutzen diese freien Kapazitäten, um sich von einer eher reaktiven IT zu einer eher proaktiven IT weiterzuentwickeln. Doch nur zu sagen, der Service Desk macht das schon, ist nicht die Lösung. Damit der Service Desk hier in einer angemessenen Qualität und Zeit reagieren kann, ist man auf die Mithilfe des nachgelagerten Supports und einer KEDB angewiesen. Wenn eine gut gepflegte KEDB (Known Error Data Base) installiert ist, so findet der Service Desk Agent häufig den passenden Lösungsvorschlag und kann den Anwendern direkt weiterhelfen ohne das Ticket, an den nachgelagerten Support weiterleiten zu müssen. Bei Anfragen, wo der Service Desk Agent nicht weiterhelfen kann und kein passender Eintrag in der KEDB zu finden ist, werden die Tickets zum 2nd-Level Support geroutet. Sollte nun dort eine Lösung gefunden werden, muss geprüft werden ob diese ebenfalls in die KEDB übernommen werden kann, um zukünftig auch vom Service Desk übernommen werden zu können. Durch die nun verkürzten Wiederherstellungszeiten, da viele der Anfragen direkt vom Service Desk gelöst werden können – meist schon während des Telefonats – kann bei den Anwendern schnell eine gestiegene Zufriedenheit festgestellt werden. (vgl. Stefan Braune)

 

Der Service Desk sitzt somit an einer wesentlichen Stelle im gesamten IT Support und ist nur so gut, wie es die IT Organisation und die Rahmenbedingungen im Unternehmen zulassen.

 

 

Autor: Serhat Küpeli

September 2016

 

Literatur:

 

http://www.datacenter-insider.de/user-help-desk-neun-faktoren-fuer-einen-erfolgreichen-betrieb-a-225771/

 

http://www.computerwoche.de/a/der-weg-zum-idealen-it-support,1936833,2

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Kommentare: 1
  • #1

    Torsten Laser (Freitag, 16 September 2016 21:50)

    Ein praxisnaher Artikel, der die kritischen Erfolgsparameter eines Service Desks anschaulich darstellt - ich kann in allen Punkten nur zustimmen. Die exponierte Stellung eines Service Desks wird deutlich, wenn man ein Gedankenexperiment durchspielt, in dem der Service Desk ab morgen geschlossen bleibt. Details dazu finden sSie auf meinem ITSM-Blog unter
    https://torsten-laser.de/unser-service-desk-ist-ab-morgen-geschlossen/

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