Die (neue) Rolle des CIO in einer digitalisierten Welt

Industrie 4.0 ist momentan ein dankbares Thema für Meinungsführer. Digitalisierung von Prozessen in der Produktion, Warenbeschaffung, Vertrieb, Marketing eröffnet große Chancen für Unternehmen. Neue Verkaufskanäle über das Internet, Fernüberwachung von Maschinen. So sieht für viele die Zukunft aus. Unternehmen müssen dafür in Entwicklung und Anwendung neuer Technologien sowie Weiterbildung investieren. Digitalisierung verlangt neue Geschäftsmodelle mit hohem Tempo.

Industrie 4.0, die "angekündigte" vierte industrielle Revolution wird von vielen als IT Thema behandelt, weil die Maschine-zu-Maschine-Kommunikation im Mittelpunkt steht. Begriffe wie Big Data, Smart Factory, Smart Logistics, Internet of Things, Cloud Computing und Cyber Security suggerieren auch, „da ist die IT gefragt“.

Leider geht in diesem ganzen Hype oft eine Grundmaxime eines jeden Unternehmens verloren: Entscheidend für jedes Unternehmen sind die Anforderungen ihrer Kunden. Das Kundenverhalten bestimmt letztendlich den Unternehmenserfolg und somit die Unternehmensstrategie. Diese gibt die IT-Strategie und die Service Strategie vor. Dem zollen die COBIT® Zielkaskaden Rechnung. Die zuständige Rolle für die Ausrichtung der IT Strategie an der Unternehmensstrategie und die Definition der IT Service ist laut COBIT® der CIO (vgl. COBIT®5, S.78). ITIL hat dafür in der Service Strategie den Prozess Business Relationship Management (vgl. ITIL® Service Strategie, S. 256ff).

 

Seit Februar 2013 gibt es das „Business Relationship Management Institute“ (BRMI) als gemeinnützige Körperschaft. Das BRMI setzt für die Rolle eines Business Relationship Managers zwei wesentliche Kompetenzen voraus:

 

Business-IQ

 

·        Verstehen der Konzepte der Capability-Roadmaps und wie diese sich aus der Geschäftsstrategie ableiten.

 

·        Verstehen der Konzepte des Value Managements und wie die Verknüpfung von Geschäftsstrategie, Provider-Strategie, Service Portfolio und der Business Cases zu Prioritäten führen.

·        Muss in der Lage sein, strategische Initiativen zu klären, zu verwalten und den Umfang zu bestimmen.

 

Portfolio-Management

 

·        Verstehen, wie Portfolio Management der zentrale Mechanismus für einen Value Management-Prozess ist.

 

·        Verstehen, wie Portfolio-Management für den gesamten Lebenszyklus der Investitionen gilt.

 

·        Verstehen der Beziehungen zwischen Projekt-, Programm- und Portfoliomanagement und wie diese zusammenarbeiten um Nutzen zu optimieren.

 

·        Verstehen, wie Governance-Prozesse und Strukturen zur Unterstützung des Portfolio-Managements eingesetzt werden.

 

(vgl. BRMI)

Business-IQ und Portfolio Management müssten aber ureigene Interessen eines CIO sein. Nur damit lässt sich IT- und Service Strategie an der Unternehmensstrategie ausrichten. Mit der Capability-Roadmap und den Business Cases für einzelne Services hat er Fakten an der Hand, um zielgerichtet mit der Unternehmensführung z.B. über Budgetfragen zu diskutieren.

 

Nach allgemeiner Definition hat der CIO drei Aufgabenbereiche:

 

·        Tagesgeschäfts am Laufen zu halten

 

·        Innovationen in der IT voranzutreiben

 

·        strategische Beratung im Hinblick auf eine verbesserte Ausrichtung an den Unternehmenszielen

 

(vgl. Gründerszene).

Die meisten CIOs fühlen sich in den ersten beiden Aufgaben am wohlsten. Das sehen sie als ihre Aufgabe an. Mit Industrie 4.0 rückt aber immer mehr der dritte Aufgabenbereich in den Mittelpunkt. Sie müssen als Business Relationship Manager die Unternehmensführung beraten, welche Auswirkungen, Konsequenzen und Risiken mit Big Data, Cloud Computing, Cyber Security verbunden sind. Allerdings sieht eine Infratest Umfrage die deutschen Führungskräfte in dem Umfeld unzureichend vorbereitet (vgl. Haufe). Einer GfK Umfrage zufolge hinken drei Viertel der Unternehmen bei der Qualifizierung von Führungskräften und Mitarbeitern in dem Umfeld hinterher (vgl. Kurzlechner). Kurzlechner zeigt Lösungsansätze auf, die auch die neue Rolle eines CIO betreffen: radikal Nutzer/ Kundenorientiert, Digitalisierung als Chefsache.

Industrie 4.0 und Digitalisierung zwingt somit den CIO mehr und mehr in die Rolle eines Business Relationship Managers, um seinen dritten Aufgabenbereich zu erfüllen. Ohne strategische Beratung des CIOs wird sich ein Unternehmen dem Thema Industrie 4.0 nicht annehmen können. Die beiden Umfragen von Infratest und GfK zeigen, dass die IT Führungskräfte erheblichen Nachholbedarf haben. Gerade die virtuelle Sicherheit der Informationen spiegelt sich noch nicht in klaren Handlungen wider. Eine Information Security Policy (z.B. Passwort-,  Email-Richtlinien, Dokumentenklassifizierung) ist für fast alle Unternehmen mittlerweile Standard, nicht zuletzt auf Grund des  Bundesdatenschutzgesetzes. Ein Information Security Management System, das Standards und Verfahren zur Planung, Implementierung, Evaluierung, Verwaltung und Steuerung der Informationssicherheit behandelt, ist meist nicht vorhanden. ISO 27001 ist oft nur dem Namen nach bekannt, von „NIST – Framework for Improving Critical Infrastructure Cybersecutity“ haben die wenigsten gehört.

Es sind noch viele Grundlagen zu schaffen bevor Industrie 4.0 angegangen werden kann.

 

 

Autor: Dr. Guido Hoffmann

 

August 2016

 

 

Literatur:

 

COBIT 5®, Rolling Meadows, 2012

 

ITIL® Service Strategie, Norwich, 2011

 

Gründerszene, Lexikon, www.gruenderszene.de

 

Haufe, Deutsche Führungskräfte unzureichend vorbereitet, www.haufe.de, 21.07.2016

 

Kurzlechner, Werner, Firmen halbherzig bei Industrie 4.0, www.cio.de, 15.06.2016

 

BRMI, https://brm.institute.com

 

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