ITIL erfolgreich leben

Mittlerweile gibt es eine Menge Literatur, die sich mit IT-Service Management in der Praxis beschäftigt (z.B. Beims/ Ziegenbein, 2015). Viele Berater und Trainer erklären, wie man ITIL am besten einführt. Wir haben das hier schon öfter getan. Allerdings stellt man häufig fest, dass nach der anfänglichen Euphorie und den Anfangserfolgen IT Service Management längerfristig in der Praxis der nötige „Drive“ fehlt. Es funktioniert besser als vorher, aber die Möglichkeiten werden nicht ausgeschöpft. Auch in unseren Projekten ist das so. Woran liegt das?

In der Kreativitätsforschung spricht man in dem Zusammenhang von „Blockaden“ (vgl. Backerra/ Malorny/ Schwarz, 2007, S. 33), die gelöst werden müssen. Diese Blockaden führen dazu, dass etwas Neues nicht umgesetzt oder nicht gelebt wird.

Zum einen gibt es Soziologische Blockaden:
•    Zu viele Gremien und Sitzungen
•    Zu viel Routinetätigkeit
•    Zu viele Vorschriften - Bürokratie
•    Mangelnde Objektivität und Interessenskonflikte
•    Mangelnde Anerkennung neuer Ideen
•    Tabus und Traditionen
•    Zu hohe bzw. falsche Ziele/ Anforderungen

 

Diese Blockaden rühren zum großen Teil daher, dass bei der Implementierung die Anpassung von ITIL an die bestehende Situation, an das Unternehmen nicht in ausreichendem Maße stattgefunden hat. Die Service Strategie und das Service Design kamen zu kurz. Mit einer ITIL Implementierung wird auch ein neues Rechte- und Rollenkonzept in die Organisation eingeführt. Wird versucht dieses neue Konzept parallel zum bestehenden zu leben, wird dies auf Dauer nicht funktionieren. Es muss ein integriertes Konzept entwickelt werden. Damit lassen sich einige der soziologischen Blockaden lösen.
 
Zum anderen gibt es Psychologische Blockaden:
•    Suche nach absolut Richtigem
•    Neigung zu gewohnten Vorgehensweisen
•    Zu schnelle Meinungsbildung
•    Enttäuschungen, Resignation
•    Neigung, anderen nachzugeben
•    Zufrieden mit dem Erreichten
•    Wenig Vertrauen in eigene Fähigkeiten


Diese Blockaden betreffen den „Faktor Mensch“, der in der Service Transition ein zentraler Punkt ist. Mitarbeiter werden nicht „mitgenommen“. Es fehlt an Führung in der täglichen Praxis.


Sowohl die  soziologischen als auch die psychologischen Blockaden führen im Tagesgeschäft zu einer Reihe von Problemen, die sich in folgende Gruppen einteilen lassen (vgl. Schlicksupp, 2004):
•    Auswahlproblem - Alternativen werden vorgegeben ohne sie zu untersuchen. So werden z.B. Tools ausgesucht und eingeführt, weil sie neu sind, einen großen Einsatzbereich und Funktionsumfang haben. Es wird im Vorfeld aber nicht verifiziert, ob das Tool zu den Anforderungen und zum Unternehmen passt. Mit der Folge einer sehr heterogenen Toollandschaft, die keinen zentralen Überblick erlaubt.
Aber auch der Change Prozess wird z.B. gemäß ITIL eingeführt, ohne den Genehmigungsworkflow an das Unternehmen und die gelebte Hierarchie anzupassen.
•    Konsequenz Problem - Entweder hat es keine Konsequenzen wenn etwas nicht getan wird oder man scheut sich die Konsequenzen zu akzeptieren. Ein typisches Beispiel hierzu ist die Nichteinhaltung von Prozessen und Workflows oder das Nichtverwenden von Vorlagen und Formularen. Dadurch werden Governance und Compliance Vorgaben unterlaufen. Das kann bis zu rechtlichen Problemen führen.


•    Analyseproblem – Die Problemstruktur „Ursache – Wirkung“ wird nicht erkannt. Im Unternehmen fehlt das Problem Management und ein Problem Bewusstsein. „Es gibt keine Probleme, nur Lösungen“, ist ein völlig dämlicher Spruch in diesem Zusammenhang. So wird versucht, bei Störungen die Auswirkung zu minimieren oder zu kaschieren, ohne an die Ursache ranzugehen.


•    Suchproblem – Die passende Lösungen aus einem Lösungsraum zu selektieren. Es gibt immer mehrere Möglichkeiten ein Problem zu lösen. Schwierig ist oftmals die richtige auszuwählen, möglichst effektiv und effizient.


•   Konstellationsproblem - Anpassen von Wissen an neue Gegebenheiten. Mitarbeiter werden auf Schulungen geschickt. Sie schaffen es aber nicht, das Erlernte umzusetzen, anzuwenden auf ihre tägliche Arbeit bzw. man lässt sie nicht kreativ werden.
ITIL erfolgreich in der Praxis zu leben und weiterzuentwickeln ist vor allem ein organisatorisches Problem. Die Mitarbeiter müssen kreativ sein dürfen. Das Unternehmen muss dafür sorgen, die Probleme aus dem Weg zu schaffen und die Blockaden zu lösen. Dann klappt es auch mit ITIL.


 
Autor: Dr. Guido Hoffmann
Literatur:
Martin Beims und Michael Ziegenbein, IT-Service Management in der Praxis mit ITIL®, Carl Hanser
Verlag München, 2015
Hendrik Backerra, Christian Malorney, Wolfgang Schwarz, Kreativitätstechniken, München 2007
Helmut Schlicksupp, Innovation, Kreativität und Ideenfindung, München 2004

Kommentar schreiben

Kommentare: 0

Abonnieren Sie

http://www.itil.de/rss/blog

unseren Blog itil.de

Unsere Mission

Wir leisten einen Beitrag zu besserem IT Service Management durch die pragmatische Auseinander-setzung mit ITIL und verwandten Themen.

Werbung

Wollen Sie ITIL-Experte werden? Dann lassen Sie sich zertifizieren bei

expertplace academy
expertplace academy
ITSM Consulting
ITSM Consulting